Auf dem Weg zur modernen Stadt
Bedeutende wirtschaftliche und städtebauliche Entwicklungen prägen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die damals noch selbstständigen Saarstädte St. Johann, (Alt)-Saarbrücken und Malstatt-Burbach. Die Voraussetzung für diese Entwicklungen und gleichermaßen Begleiter dieses Prozesses sind weitreichende Maßnahmen der Infrastruktur: die Einführung der neuen Energieformen Gas und Elektrizität, die Verbesserung des Verkehrswesens durch Dampfstraßenbahnen (später: elektrische Straßenbahnen) sowie die Verbesserung von Wasserversorgung und Abwasserentsorgung.
1887 Erstes Gaswerk für Saarbrücken
Mit der Inbetriebnahme eines privaten Gaswerks in St. Johann leuchten bereits ab 1857 die ersten Gaslaternen, deren Erfinder sich das technische Verfahren der Gasgewinnung aus Steinkohle zunutze gemacht hatten. 30 Jahre bleibt das Gaswerk St. Johann die einzige Versorgungsanlage für Saarbrücken und St. Johann, bis Saarbrücken am 15. Oktober 1887 ein eigenes Gaswerk am heutigen Standort in der Hohenzollernstraße in Betrieb nimmt. Rivalitäten zwischen den beiden Städten hatten den Ausschlag dazu gegeben. Ab 1905 bis zur Vereinigung zur Großstadt Saarbrücken im Jahr 1909 befinden sich drei Gaswerke in öffentlicher Hand. Zum Zeitpunkt der Zusammenlegung zählt die neue Stadt Saarbrücken bereits 100.000 Einwohner, die Gas als Lichtquelle und zum Kochen und Heizen verwenden.
Nach 1909 werden die drei Gaswerke eins nach dem anderen stillgelegt, bis die Halberger Hütte 1910 die Gasversorgung von ganz Saarbrücken mit Kokereigas auf Basis der heimischen Kohle übernimmt. Später kommt die Burbacher Hütte dazu. Am 27. Juni 1929 wird auf Initiative der Stadt Saarbrücken die Ferngas-Gesellschaft Saar gegründet, die nach der Fusion mit der Pfälzischen Gas-AG am 1. November 1935 in Saar-Ferngas AG umbenannt wird. Die Gasversorgung Saarbrückens sowie die des gesamten Saarlandes erfolgt ab diesem Zeitpunkt über die Saar-Ferngas AG. Deren Unternehmensaufgabe besteht darin, das an der Saar anfallende Koksgas zu verteilen, um damit die finanzielle Basis für die Saarbergwerke und Hüttenwerke zu stärken.
1932 wird der Verwaltungsbau im repräsentativen Stil für die damaligen „Städtischen Werke“ in der Hohenzollernstraße 71 in Alt-Saarbrücken errichtet. Im Vordergrund sind die Gleise der Straßenbahn und die Spanndrähte der elektrischen Straßenbeleuchtung zu erkennen. Am rechten Bildrand sieht man das alte Verwaltungsgebäude des 1887 in Betrieb genommenen Gaswerks.
Ausbau der Trinkwasserversorgung
Ein weiterer wichtiger Geschäftsbereich der Stadtwerke Saarbrücken kristallisiert sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts heraus, als aus hygienischen Gründen eine kommunale Trinkwasserversorgung für die wachsende Stadtbevölkerung erforderlich wird. Bis in die 1870er Jahre beziehen Saarbrücken und St. Johann Wasser aus dem St. Johanner Stadtwald, später aus dem Saarbrücker Stadtwald und dem Deutschmühlental.
Zum Zeitpunkt der Städtevereinigung 1909 sind rund 89% aller Bürgerinnen und Bürger der Großstadt Saarbrücken an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen, mit der Möglichkeit der bequemen Entnahme von Wasser aus dem Wasserhahn.
Der stetig steigende Wasserbedarf macht die Wasserversorgung jedoch in den darauffolgenden Jahren zu einem dringenden Problem. In den Jahren 1926 und 1928 werden in St. Arnual und in Rentrisch neue Wasserwerke zur Deckung des erhöhten Wasserbedarfs gebaut. Außerdem beauftragt die Stadt Saarbrücken bereits im Jahr 1929 ein geologisches Gutachten der Technischen Universität Berlin, welches das Bliestal als großes Trinkwasserreservoir ausweist.
„Es geht allein um die Volksgesundheit, sie ist eine Verpflichtung der Stadt.“
Mit diesen Worten eröffnet der damalige St. Johanner Bürgermeister Dr. Paul Neff 1906 das Kaiser-Friedrich-Bad in der Richard-Wagner-Str. 6, das später als Stadtbad St. Johann bekannt sein sollte. Mit einem für alle erschwinglichen Freizeit-, Erholungs- und Sportangebot, das keinen Anspruch auf Rentabilität zu erfüllen hat, macht er den Bürgern seiner Stadt und der gesamten Umgebung ein Geschenk, das über die folgenden fast 100 Jahre hinweg rege angenommen wird.
In den folgenden Jahren wird der Sprung ins kühle Nasse immer beliebter bei den Saarbrücker Bürgerinnen und Bürgern. Das Freibad im Deutschmühlental wird kurz vor dem Ersten Weltkrieg gegründet und bis ins Jahr 1988 betrieben. Es reichte vom Gelände des heutigen Calypso-Bades bis fast zum unteren Eingang des späteren Deutsch-Französischen Gartens (DFG). Das ursprünglich aus einem natürlichen Quellfluss gespeiste Freibad in Dudweiler wird am 9. August 1924 von der damaligen Großgemeinde Dudweiler eröffnet.
Der Konkurrenzkampf mit dem Strom beginnt
Als Saarbrücken mit der Beleuchtung von Straßen, öffentlichen Plätzen und Wohnungen beginnt, gibt es vor Ort noch keine Elektrizität. Erst um die Jahrhundertwende beginnt die Versorgung mit Strom. Um 1894 nehmen Saarbrücken und St. Johann die ersten Dampfkraftwerke in Betrieb, die schon bald an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. So schließen die drei Städte St. Johann, Alt-Saarbrücken und Malstatt-Burbach im Jahr 1908 einen Stromliefervertrag mit der ansässigen königlich-preußischen Bergwerksdirektion ab. Neben der Wasserversorgung entwickelt sich die Stromversorgung schnell zu einer der wichtigsten Unternehmenssparten der Städtischen Werke.
Für die Entwicklung der Mobilität in Saarbrücken spielt die Elektrifizierung eine große Rolle. Mitten in einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs lässt die Stadt St. Johann am 4. November 1890 die erste Dampfstraßenbahnlinie errichten, die von der heutigen Mainzer Straße über den St. Johanner Markt und Burbach bis nach Luisenthal führt.
Die am 9. April 1892 gegründete „Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal“ (GSS) erwirbt 1893 die Dampfstraßenbahn mitsamt der dazugehörigen Hochbauten sowie Material- und Wagenschuppen und übernimmt deren Betrieb. Bereits ab 1899 fahren die ersten Straßenbahnen in Saarbrücken mit Strom, nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Oberleitungs-Busse (O-Busse). Im Jahr 1912 erwirbt die Stadt Saarbrücken die Aktienmehrheit an dem Unternehmen und übernimmt so die Führung der Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal AG.
Durch den Zweiten Weltkrieg kommen die Wasser-, Gas- und Stromversorgung in Saarbrücken zum Erliegen. Die Versorgungsnetze sowie die städtischen Bäder und die Straßenbeleuchtung müssen erst wieder neu aufgebaut werden. Im Geschäftsbericht des Jahres 1945 ist zu lesen, dass die Verluste für die Städtischen Werke Saarbrücken enorm sind. Die 1950er und 1960er Jahre sind geprägt vom Wiederaufbau aller Unternehmensbereiche.
19. April 1963 – Bargründung der Stadtwerke Saarbrücken AG
Mit dem Bargründungsvertrag vom 19. April 1963 werden die von der Stadt Saarbrücken bis dato als Eigenbetriebe geführten „Städtischen Werke“ in eine Aktiengesellschaft mit einem Gründungskapital von 100.000 DM umgewandelt.
Durch den Notariats-Akt vom 22. August 1963 erfolgt der Eintrag ins Handelsregister. Gegenstand des Unternehmens ist neben der Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wärme, der Betrieb der Bäder, Häfen, Gleisanlagen und sonstigen Anlagen des Güterumschlages sowie der Betrieb oder die Betriebsführung von Anlagen, die mit Versorgungseinrichtungen der Stadt Saarbrücken technische und wirtschaftliche Verbindungen haben.
Gemeinsam mit der Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal AG (GSS) werden sie in die Obergesellschaft, die am 31. Dezember 1962 gegründete "Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken GmbH" (VVS), eingegliedert. Im Rahmen der entsprechenden Betriebs- und Geschäftsführungsverträge erbringen beide Gesellschaften fortan die entsprechenden Dienstleistungen. Mit der Umgründung des Eigenbetriebs in eine Aktiengesellschaft werden die Verluste erstmalig steuerlich abzugsfähig.
Mit dem Personalüberleitungsvertrag vom 3. März 1964 scheiden die Bediensteten der Stadtwerke endgültig aus den Diensten der Stadt Saarbrücken aus.