1995-2008: eine Zeit der großen Aufgaben – Verkehrs- und Energiewende
Ein neues Verkehrskonzept für Saarbrücken
Die Liniennetzoptimierung bei den Saartal-Linien zeigt ihre Wirkung: Bis 1995 steigen die Fahrgastzahlen bis auf 37,3 Millionen Fahrgäste an. Schnell wird jedoch klar, dass das klassische Busangebot einen weiteren Fahrgastanstieg nicht würde bewältigen können. Nachdem rund 30 Jahre zuvor der Straßenbahnbetrieb in der Landeshauptstadt eingestellt worden war, trifft 1991 der Saarbrücker Stadtrat eine mutige und wegweisende Entscheidung für das Saarland: die Wiedereinführung eines Stadtbahnsystems für Saarbrücken und die Region. Im darauffolgenden Jahr wird ein neues Verkehrskonzept mit der Saarbahn als zentraler Achse des ÖPNV entschieden.
1992 stimmt die Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal AG der Gründung der Stadtbahn Saar GmbH als Bau- und Infrastrukturgesellschaft (Umfirmierung 2015 in Saarbahn Netz GmbH) und 1996 der Saarbahn GmbH als Betreibergesellschaft des größten Infrastrukturprojekts in der Region zu. Mit großen Schritten werden die Planungen vorangetrieben. Anfang 1995 sichern Bund und Land ihre Finanzierung des Projekts Saarbahn nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) zu; Mitte 1995 starten die Bauarbeiten für die rund 45 Kilometer lange, vom Individualverkehr unabhängige, Trasse zwischen dem französischen Sarreguemines und Lebach.
Parallel zu der Innovation Saarbahn beschließt die Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken 1994 im Rahmen eines großen kommunalen Emissionssenkungsprogramms die Anschaffung erdgasbetriebener Solobusse. Um diese zu betanken, bauen die Stadtwerke eine der ersten Erdgastankstellen, die bis 1999 zu der größten Europas ausgebaut wird.
Durch die Weiterentwicklung von Einspritzanlagen und Partikelfiltern kann der Dieselmotor jedoch in den folgenden Jahren seine Stellung bezüglich Verbrauch, Fahrleistung und strengen Abgasnormen behaupten. Ab 2006 werden bei den Stadtwerken Saarbrücken wieder Dieselbusse, ab 2010 dann nur noch Dieselhybrid-Fahrzeuge bestellt.
Saarbahn stellt Weichen für die Zukunft
Nach nur knapp 2 1/2 Jahren Rekord-Bauzeit wird am 24. Oktober 1997 die erste Betriebsstufe der Ausbaustufe 1, eine Strecke von rund 19 Kilometern, von der lothringischen Stadt Sarreguemines bis zur Haltestelle "Saarbrücken/Ludwigstraße“ mit einem großen Fest in Betrieb genommen.
17 Jahre wird es dauern, bis die gesamte Saarbahn-Strecke S1 fertiggestellt ist: Einsprüche gegen die geplante Streckenführung in der Gemeinde Riegelsberg und schwierige Baumaßnahmen wie der Spitzeichtunnel und das Eiweiler Viadukt verlängern die Bauphase.
Der Saarländische Verkehrsverbund (saarVV)
Am 1. August 2005 übernimmt der Saarländische Verkehrsverbund (saarVV) als Zusammenschluss von zehn saarländischen Verkehrsunternehmen die Koordination und Abstimmung des ÖPNVs im gesamten Saarland. Es wird ein einheitliches Tarif- und Wabensystem eingeführt, die Saarländische Nahverkehrsservice GmbH (SNS) dient als Schnittstelle zwischen Kunden, Verkehrsunternehmen und politischen Akteuren.
Mit der Fertigstellung der Saarbahn-Strecke S1 von Sarreguemines bis Lebach verfügt das Saarland seit 5. Oktober 2014 über eine qualitativ hochwertige und umweltfreundliche Schienenverbindung. Der Beitrag des Stadtwerke-Konzerns in den Ausbau der Saarbahn sowie in den Neubau der Saarbahn-Werkstatt in Brebach, die 2012 in Betrieb geht, beträgt insgesamt 90 Millionen Euro.
Saarbrücken wird die erste deutsche Stadt, die den kompletten Neubau eines Schienennahverkehrssystems beschließt, das weder an Stadt- noch Landesgrenzen endet, sondern eine komplette Region für den Nahverkehr erschließt. 1999 erhalten die Städte Saarbrücken und Sarreguemines auf der „Mobicity“ in Paris für das grenzüberschreitende Projekt Saarbahn den Innovationspreis der UITP (Union Internationale des Transports Publics).
Die Stadtwerke als Vorreiter der Energiewende
Neben dem weiteren Ausbau der Fernwärmeversorgung stehen für die Stadtwerke Saarbrücken Anfang der 1990er Jahre zusätzlich zu den bestehenden Geschäftsfeldern Beiträge zum Umweltschutz, etwa durch Photovoltaikanlagen, die Errichtung von Blockheizkraftwerken und die Übernahme weiterer Aufgaben der Daseinsvorsorge im Mittelpunkt.
Zum Ausbau einer Energieversorgung ohne Kernenergie und geringem CO2-Ausstoß sieht die „Saarbrücker Energiestudie 2005“ vor, dass ergänzend zu der „großen Kraft-Wärme-Kopplung“ im Heizkraftwerk Römerbrücke ein möglichst dichtes Netz von kleinen Blockheizkraftwerken- (BHKW) entstehen soll.
Als ein Baustein der Saarbrücker Energiepolitik nehmen die Stadtwerke Saarbrücken bereits 1991 das „Tandem Photovoltaik- +BHKW“ im damaligen Saarbrücker Innovations- und Technologiezentrum (SITZ) in Betrieb. Das Projekt kombiniert erstmals die photovoltaische Stromerzeugung mit der Strom- und Wärmeproduktion eines koksgasbetriebenen Blockheizkraftwerks. 2005 geht das erste Blockheizkraftwerk im Dudweiler Sportzentrum in Betrieb.
Damit legen die Stadtwerke Saarbrücken den Grundstein für eine der größten Herausforderungen ihrer Geschichte – die Liberalisierung der Strommärkte.
Um den gesetzlichen Unbundling-Anforderungen nachzukommen, münden die Bemühungen in einer strategischen Partnerschaft: In 2005 geht die Betriebsführung des Heizkraftwerks Römerbrücke von den Saarbrücker Stadtwerken an die GDF SUEZ Saarland GmbH (die bis 2009 als Electrabel Saarland GmbH firmiert) über. Damit einhergehend die Investitionszusage von 40 Millionen Euro für den Bau einer neuen leistungsfähigen und umweltfreundlichen Gas- und Dampfturbinenanlage mit nachgeschaltetem Abhitzkessel zur Erzeugung von Hochdruckdampf und Fernheizwasser.
2010 wird die über 40 Jahre alte Dampfturbine aus dem Jahr 1967 durch eine neue Turbine mit 60 Prozent höherer Leistung ersetzt. Ende 2010 erweitert die VVS die Kooperation mit der GDF Suez Energie Deutschland AG (ab 2015 Engie Deutschland AG). Bestandteil ist der Übergang des Kraftwerks Römerbrücke in die gemeinsame Tochtergesellschaft Energie SaarLorLux AG. Zum 1. Juli 2011 geht das Heizkraftwerk Römerbrücke offiziell in das Eigentum der ESLL über, an der die Stadtwerke Saarbrücken 49 Prozent halten. Die Kooperation mit Engie Deutschland wird in 2022 bis 2030 verlängert.
Heute beträgt die elektrische Leistung des Heizkraftwerks 132,6 MW und die thermische Leistung 235 MW.
Public Private Partnership und Kooperationen:
Starke Partner im Verbund
Wie sich auf dem liberalisierten Energiemarkt behaupten und dabei weiterhin wettbewerbsfähige Energiepreise realisieren? In 2001 wird die co.met GmbH als Public Private Partnership gegründet mit der Aufgabe als Messstellenbetreiber und Messdienstleister im Auftrag der Stadtwerke Saarbrücken Verbraucherzähler, Messeinrichtungen und Abnahmestellen der Versorgungsarten Strom, Gas, Wasser und Fernwärme im Netzgebiet in Saarbrücken zu bewirtschaften. Mit ihrem breiten Leistungsspektrum und der zugehörigen Datenverarbeitung wird die co.met GmbH in den folgenden Jahren zu einer der führenden Metering-Gesellschaften in ganz Deutschland.
Um noch besser auf die liberalisierten Märkte reagieren zu können, wird im gleichen Jahr die Beteiligungsgesellschaft der Stadtwerke Saarbrücken (SWS BG) gegründet. Erklärtes Ziel: Mit fachkundiger Unterstützung im Bereich der Energie- und Wasserversorgung und sonstiger kommunaler Dienstleistungen den Aufbau und den Betrieb kommunaler Versorgungsunternehmen im Rahmen gesellschaftsrechtlicher Kooperationen vorantreiben und zukünftige Märkte erschließen.
Bereits 1998 wird eine Kooperation mit der Stadt Lebach aufgrund ihrer Verbindung mit dem Saarbahnprojekt abgeschlossen. In 2002 kommen Kooperationen mit den Kommunen Eppelborn und Heusweiler und 2004 mit Kleinblittersdorf und Friedrichsthal hinzu.
Die Richtigkeit dieser strategischen Maßnahmen belegt auch die Geschäftsbilanz 2021: Die Energiedienstleistungstochter co.met kann mit aktuell mehr als 650 Vertragspartner aus der Energie- und Versorgungswirtschaft in ganz Deutschlandihre deutschlandweite Marktposition weiter stärken, ebenfalls erfolgreich und profitabel hat sich die Stadtwerke Saarbrücken Beteiligungsgesellschaft entwickelt.
„kommpower – Energie für Saarländer“
Mit dem gebündeltem Know how von 5 Stadt- und Gemeindewerken rufen die kommunalen Partner unter Federführung der Stadtwerke Saarbrücken Beteiligungsgesellschaft in 2014 gemeinsam eine neue Strommarke ins Leben: „kommpower – Energie für Saarländer“. Beteiligt sind die Stadt- und Gemeindewerke in Eppelborn, Friedrichsthal, Lebach, Heusweiler und Kleinblittersdorf. Die Kooperationsunternehmen kaufen den Strom mit Unterstützung des Portfoliomanagements der Stadtwerke Saarbrücken gemeinsam günstig ein und geben Einkaufsvorteile an ihre jeweiligen Kunden weiter.
2004 unterzeichnen die Stadtwerke Saarbrücken einen Wasserlieferungsvertrag mit Forbach, weitere Sonderverträge mit Schöneck und den Gemeindewerken Quierschied schließen sich in den folgenden Jahren an.
Als in 2004 außerdem die Integration des Zweckverband Kommunale Entsorgung (ZKE) und der Abfallwirtschaftsgesellschaft Saarbrücken mbH (ASS) in die Verkehrs- und Versorgungsgesellschaft Saarbrücken - kurz VVS- entschieden wird, hoffen die Stadtwerke auf Synergieeffekte. Die Integration erweist sich jedoch in den folgenden Jahren als problematisch und anders als erhofft sogar ergebnisbelastend für den Konzern: Die Integration wird zum 1. Januar 2008 wieder rückgängig gemacht. Steigende Verluste im Verkehrsbereich und geringere Einnahmen der Stadtwerke im Zuge neuer Netzregulierungen führen dazu, dass der Stadtwerke-Konzern Ende 2007 Liquiditätsengpässe zu verkraften hat. Die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens muss wiederhergestellt werden. Zur Konsolidierung der Geschäfte wird ab 2008 eine neue Konzernstrategie auf den Weg gebracht.